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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kein Tip von einem Angehörigen



K@rl
22.08.2006, 19:09
Hallo Judith,

in deinem Tread möchtest Du Informationen ausschließlich von Angehörigen haben, weil Deiner Meinung nach niemand von den Betroffenen die Position von Angehörigen verstehen kann. Ich akzeptiere Deinen Wunsch, daher antworte ich auch nicht in Deinem Tread. Ich bin Spieler, der vor 2 Jahren seiner Familie alles gebeichtet hat. Ich habe 3 Kinder, 2 sind schon volljährig. Ich habe nach meinem "coming out" sehr oft mit meinen Kindern diskutiert und weiß mitlerweile genau, wie sie gefühlt oder gedacht haben. Vieles von dem, was ich über ihre Gefühle erfahren habe war mir fremd. Ich habe ein ganz tolles offenes Verhältnis zu meinen Kindern. Wie schon gesagt respektiere ich deinen Wunsch nur Infos von Angehörigen zu bekommen. Bedenke aber, dass diese aufgrund der verständlichen, durch Lügen verursachten Verletzungen, in der Regel sehr emotional sind. Nach 2 Jahren Abstinenz fühle ich mich manchmal bei Menschen, die ich hier lieb gewonnen habe, selbst als Angehöriger und versuche nur noch zu helfen.

Ich hoffe, dass Du Deinen Vater nicht fallen läßt, vielleicht hilft Dir doch, wenn andere Väter über ihr Verhältnis zu ihren Kindern berichten.

Liebe Grüße

Karl

Boomer
24.08.2006, 14:26
Hallo Judith,

Auch ich gehöre zu den Spielern- und akzeptiere deinen Wunsch. Es sind nicht alles Lügner, oder alle haben ausreden etc. die spielen. Nur weil du persönliche schlechte Erfahrungen gemacht hast, solltest du nicht alle in einen Topf schmeissen.

Mach was Besseres aus Deinem Leben- wenn dir nicht gefällt was Deine Eltern daraus gemacht haben. Folge dem Rat von Skarabäus !

Seinem Satz:
***Mein Tipp: Liebe deine Eltern, achte deine Eltern - aber nicht bis zur Selbstzerstörung. Führe ab sofort in Selbstverantwortung dein eigenes Leben! Und: Man höre und staune, das ist das Beste, was du für dich und deine Familie tun kannst!***

Mehr kann man dazu gar nicht mehr sagen- sehr guter Tipp!

Lieben Gruss Boomer

judith
25.08.2006, 19:55
ich danke euch,
es tut mir leid, ich bin wütend, tief verletzt und fühle mich so ohnmächtig.
ich hatte immer ein gutes verhältniss zu meinem vater, aber der mensch der mal mein vater war, hat gar nichts mehr mit meinem vater zu tun.
ich liebe ihn und hasse ihn, aber noch mehr liebe ich mein leben und darin ist keine kraft mehr für jemanden der meine familie kapputt gemacht hat.
dieser abschied soll nicht für immer sein, nur denke ich häufig an nichts anderes mehr. ich kann mich nicht konzentrieren. er spukt immer in meinem kopf, wie ein geist.
was sagen eure angehörigen und speziell eure kinder über eure akute zeit, wie habe sie die zeit überstanden? gibt es heute keine vorhaltungen?
ich fange an meinen vater zu hassen, weil ich nicht verstehe warum er das mit mir macht. er redet nicht mehr mit mir, behandelt mich wie eine fremde und trotzdem ruft er immer wieder an, macht einen auf small-talk und lockere sprüche und erzählt absolut nichts aus seinem leben, macht mir vorhaltungen weil ich meiner mutter beisteht, und macht den rest der familie bei mir schlecht und mich und meinen mann bei der familie. im februar bat er mich um geld, dies habe ich ihm natürlich verwehrt, seit dem behandelt er mich so.
ich kann nicht mehr.
danke judith

susanne
07.09.2006, 12:41
Hallo!

Ich habe auch gerade eben bei Judith einen Beitrag geschrieben und muss diesbezüglich sagen, dass ich mir gerne mal anhören würde was ein "Spieler" zu meiner Situation bzw. ähnlichen Situation wie bei Judith zu sagen hat. Mein vater hat schon unzählige Therapien - von der Spielergruppe zur Gesprächs- und Psychotherapie bis zur ambulanten 6 monatigen Therapie- hinter sich. Im Moment ist es wieder ganz schlimm bei ihm, er trinkt und verspielt alles sobald er wieder Geld hat. Obwohl er im Moment wieder eine Beziehung zu einer Frau hat, er hatte zwar einige Beziehungen seit dem Tod meiner Mutter aber er hatte jetzt lange keine mehr und hat sich danach gesehnt. Ich verstehe es nicht, er sagt dass er sich bewußt ist, dass etwas passieren muss, dass er sich so selbst zerstört aber dennoch möchte er keine erneute längere ambulante Therapie machen!
Ich weiß, ich kann ihm bei diesem Entschluss schlecht helfen, aber ich überlege in wie weit es helfen würde wenn ich ihm sage dass ich erst wieder Kontakt möchte wenn er definitiv etwas unternommen hat. Er liebt mich, das weiß ich, vielleicht wäre ein kurzzeitiger Schlußstrich gerade deshalb wichtig???
Liebe Grüße- Susanne

K@rl
07.09.2006, 18:39
Hallo Susanne, hallo Judith,

ich weiß nicht ob ich Euch viel helfen kann. Bei mir war es etwas anders als bei Euch. Ich habe es mehr oder weniger gut geschafft über all die Jahre meine Sucht zu verbergen. Vieles was ich in diesen Jahren meiner Familie angetan habe realisierten sie erst nach meinem "outing". Ihnen wurde im nachhinein so manches klar, ich musste ihnen eingestehen, dass ich sie häufig belogen oder nicht die Wahrheit gesagt habe. Nach meinem "outing" bin ich bis jetzt trocken geblieben, so dass meine Familie mich nie mit den Augen gesehen hat wie ihr das bei Eurem Vater jetzt tut.

Meine Tochter wollte oder will eigentlich keine Einzelheiten wissen. Sie hat sich schon als Kind immer die Ohren zu gehalten, wenn es was unerfreuliches gab. Bei meinem ältesten Sohn war das anders, wir haben in zahlreichen Gesprächen vieles aus der Vergangenheit aufgearbeitet und verstehen uns heute besser den je. Mein Jüngster wird wohl aufgrund seines Alters irgendwann dieses Thema abgehakt haben, wenn ich denn auch weiterhin standhaft bleibe.

Natürlich kommt dass Thema vor allen bei finanziellen Engpässen immer wieder hoch und ich muss mir Aussagen gefallen lassen......"Wenn Du nicht gespielt hättest dann......... aber ich kann mitlerweile damit umgehen.

Ein Wort noch zum Abbrechen des Kontaktes zu Euerm Vater.

Ich hatte in all den Jahren Angst, dass meine Familie mich verstößt wenn Sie meine Sucht realisieren, ich weiss nicht ob ich diese Angst vorgeschoben habe um nichts zu sagen, damit ich weiter spielen kann, oder ob ich wirklich aus Angst vor einer Trennung so lange gewartet habe.

Ich hatte Glück und zwar in der Liebe, meine Fanmilie ist bei mir geblieben und hat mir geholfen.

Ich weiß, dass ich Euch mit meinen Gedanken nicht wirklich helfen konnte.

Liebe Grüße

K@rl

Skarabäus
08.09.2006, 01:11
Hallo Karl,


du hast vollkommen recht, man sollte immer den Einzelfall betrachten.

Die beiden vorliegenden Fälle scheinen mir allerdings eindeutig zu sein. Über Jahre hinweg keine positive Veränderung im Suchtverhalten, sondern immer die alte Leier. (Schuld haben immer die anderen. Selbstverantwortung wird abgelehnt. Dem Angehörigen werden Schuldgefühle aufgedrückt.)

Ich weiß, wie deprimierend und verdammt erschöpfend das ist. Jeden Tag, oder zumindest bei jedem Besuch oder Anruf, immer dieselbe Negativ-Dosis verpasst zu bekommen, das zermürbt. Wut und Hilflosigkeit zugleich beeinträchtigen das Leben der Angehörigen, insbesondere, wenn diese harmoniebedürftig sind oder durch die Sucht des Angehörigen erst harmoniebedürftig geworden sind.

Ich meine, hier hilft nur konsequentes Handeln. Das muss nicht bedeuten, dass alles im Chaos endet (Streit, Vorwürfe, verbale Hässlichkeiten, körperliche Tätigkeiten u.a.). Nein, dafür gibt es einen kleinen Trick:

„Vater, du lebst ab jetzt dein Leben, und ich lebe mein Leben!" (Die Trennung der Welten und das Leben wird plötzlich einfach und leicht.)

Kein böses Wort, keine Vorwürfe. Einfach diese Feststellung (Selbstschutz, lebensnotwendige Abgrenzung), die anschließend konsequentes Handeln nach sich ziehen muss. (Positiver Egoismus!)

So nabelt man sich von einem Angehörigen ab, ohne ihn in die Hölle zu stoßen. So bleiben auch diese verdammten Schuldgefühle aus. Und sollte sich die Situation eines Tages verbessert haben, dann reicht man sich wieder die Hände, wenn man möchte. Erfahrungsgemäß kann es bis zur Annäherung oder Versöhnung einige Jahre dauern, aber das tut nichts zur Sache.

Sollte es nicht wieder zur Annäherung kommen, dann war's das gewesen. Man hat sein Bestes gegeben, aber die Gegenseite wusste es nicht zu würdigen.

Sorry, ich kann mich nicht für alles und für jedermann verantwortlich fühlen, selbst wenn es der eigene Vater ist, denn damit bin ich vollkommen überfordert! Dadurch wird die Welt auch nicht besser, das Gegenteil ist Fall ...! Denn übertriebene Hilfe und angestrengtes Mitfühlen wird von den Mitmenschen (fast) immer als Schwäche ausgelegt und ausgenutzt. Oftmals wird es bis zur Schmerzgrenze ausgereizt ohne Rücksicht auf die Gefühle der Leidtragenden zu nehmen. (Negativer Egoismus)


Herzliche Grüße
Skarabäus

Gerri
08.09.2006, 08:41
Hallo,
wieder will ich Skarabäus aber auch Karl zustimmen.
Ähnlich wie bei Karl liegt auch meine Situation - lange bekam meine Familie nicht mit, das ich spielsüchtig bin.
Die Abgrenzung von der Skarabäus sprach ,ist wohl der einzig machbare Schritt, um Euer eigenes Leben positiver zu gestalten.
Ihr habt viel erdulden müssen auf Grund der Spielsucht Eurer Väter.
Nur wäre es natürlich schön mal eine Darstellung der Väter zu hören - was war der Anlass für sie nichts gegen ihrer Spielsucht zu tun ?
Auch Väter sind letztlich Kinder ihrer Eltern - und vielleicht sollte man da mal etwas genauer hinschauen - gerade als erwachsenes Kind dieser Väter.
Vielleicht gelingt es Euch durch dieses Hinsehen den Hass aus den Herz zu bekommen - und vielleicht werdet ihr dadurch mehr verstehen.
Spielsucht ist eine Krankheit an der man als Betroffener eine Menge tun kann - nicht mehr spielen müssen zum Beispiel. Dennoch bleibt diese Sucht in uns - und der Kampf dieser Sucht nicht nachzugeben, ist gerade in der ersten Zeit sehr schwer - und bei besonderen Belastungen kann er auch noch nach Jahren der Abstinenz phasenweise sehr schwer sein.
Nein, ich suche kein Verständnis für Eure Väter die an sich nichts getan haben. In diesen Punkt sehe ich sogar eine gewisse Schuld durch sie - die Schuld nichts zu tun.
Etwas verändern wollen in sich ,bedeutet jedoch Kraft aufbringen zur Veränderung . Aber selbst diese Kraft scheint nicht in euren Vätern zu wohnen. Das ist bedauerlich - gibt es aber öfter als ihr denkt - beim Alkohol - beim Rauchen - auch beim Kaffee oder Süßwarenkonsum. Die Kraft was verändern zu wollen und zu können fehlt in vielen Menschen - nicht nur in Euren Vätern. Vielleicht schaut ihr da auch mal bei Euch, ob da nichts ist, was ihr eigentlich verändern wollt aber nicht schafft? Wenn es da etwas gibt, könnt ihr vielleicht besser verstehen - und aus diesen Verstehen eure schwachen Väter verzeihen. So verzeihen, das in euren Herz auch kein unterschwelliger Hass mehr ist.
Denn auch das bedeutet ein positiver Neuanfang für Euch, den ihr wohl so gestalten solltet wie Skarabäus vorschlägt - für mich gesehen - nach Möglichkeit auch frei von Hass. Denn erst damit seit ihr frei für einen wirklich positiven Neubeginn, bei dem der spielende Vater keinen Einfluss mehr nehmen kann. Macht Euch frei.

Das wünscht Euch
Gerri

Skarabäus
08.09.2006, 11:38
Danke, Gerri, für die passenden Worte.


Ich habe hier noch einen Nachtrag:


Hinsichtlich der Süchtigen und ihren Angehörigen gibt es zwei unterschiedliche Problemfelder.

1) Das Problem, das der Süchtige mit der Sucht hat.

2) Das Problem, das der Angehörige mit dem Süchtigen hat, bzw. mit sich selbst.


Man höre und staune, aber es ist so. Das Problem, das sich dem Angehörigen stellt, kann (in den meisten Fällen) nur von ihm selbst gelöst werden. (Vom Süchtigen ist grundsätzlich kaum Hilfe zu erwarten, sprich ein Entgegenkommen bezgl. Therapie oder Loslassen der Sucht.)

Wie groß das Problem des Angehörigen ist, liegt in dem Angehörigen selbst begraben, in seiner Psyche. Hat er es gelernt, Probleme zu bewältigen, zu lösen? Oder ist er dazu nicht in der Lage, weshalb er sich dauernd im „Kreis dreht"? Kann er Probleme loslassen oder bleibt er z.B. aus Schuldgefühlen am Ball? Hat er genügend Selbstvertrauen, um sich gegen den krankhaften Egoismus des Gegenübers tapfer zu verteidigen (Grenzen ziehen. „Bis hierher und nicht weiter!"), oder lässt er sich auf eine unendliche (leidvolle) Geschichte ein, die ihn in den Teufelskreis des anderen hineinreißt ...?

Wenn der Angehörige mit sich selbst im Reinen ist, also mit seinen Gefühlen klarkommt, verringert sich sein Problem auf ein Minimum. Er kann aufatmen; und er wird staunen: Zaubern ist also gar nicht so schwer.

Will sagen: Löse deine eigenen Probleme und du hast viel weniger Probleme mit deiner Umwelt.

Das Schicksal des Süchtigen steht dabei auf einem ganz anderen Blatt; es liegt auch in seiner Eigenverantwortung. Hört sich für den Außenstehenden hart an, ist aber gar nicht so hart und brutal.

Achtung: Die Menschen mögen keine Veränderung, weder an sich noch an anderen. Sie lieben den Status Quo. (Das was sie haben, das kennen sie, damit haben sie sich arrangiert. Was kommt, davor haben sie Angst. Manchmal sogar so schreckliche Angst, dass sie lieber im elendigen Sumpf stecken bleiben, als den Versuch zu unternehmen, herauszukriechen.) Sobald sie feststellen, dass sich jemand zu ihren Ungunsten verändern will, gibt´s Ärger. Warum? Weil der andere dann nicht mehr manipulierbar ist. Und manipuliert wird überall, auch in der Familie, auch unter Ehegatten und Kindern. (Buchtipp: Kirschner - Manipulieren, aber richtig.)


Herzliche Grüße
Skarabäus


PS: Schön, dass es dieses Forum gibt.

susanne
08.09.2006, 21:18
Lieber Skarabäus, lieber Gerri, lieber K@rl!

Ich danke an dieser Stelle als Tochter eines Spielsüchtigen für eure Antworten !

Es hilft mir eure Gedanken zu meinem Problem zu lesen!

Das Verhältnis zu meinem Vater ist eigentlich gut... wäre halt nicht die Spielsucht.
Ich liebe meinen vater und die Wut die in mir entsteht bezieht sich eigentlich eher darauf, dass er mir sagt "Ja, ich spiele wieder", "Ja, ich weiß ich muss erneut eine Therapie machen" und dann "Ja, ich weiß dass ich eine Therapie brauche, schaffe aber nicht den Schritt sie zu beginnen".

Ich bin mit mir im Reinen- alleine durch meine Therapie die ich wegen dem Tod meiner Mutter gemacht habe, wo ebenfalls mein vater Thema war- aber wenn ich von ihm höre, dass er genau weiß was jetzt zu tun wäre und es dennoch nicht macht- das ist es was mich wütend macht- wo ich ihn gerne "in den Arsch treten möchte" damit er wieder loslegt etwas dagegen zu tun!!!
Was soll ich also dann blos machen???? Nur das sind die Dinge wo ich dann doch länger wach liege und mir darüber Gedanken mache!

Was geht da in meinem Vater vor? Ich weiß die Motivation muss von ihm kommen... aber verdammt, er weiß ohne Therapie geht es kaum und trotzdem geht er diesen Schritt nicht!

Habt ihr einen Rat- eine Antwort für mich??
Liebe Grüße
Susanne

Gerri
11.09.2006, 14:34
Hallo Susanne,
ein Ratschlag ist leider noch nicht so erfolgt, wie von dir erwartet.
Ich selbst berichte aus meinen Erfahrungen - und da ist vielleicht eine Sache dabei, die Euch weiterhelfen kann.
Wichtig finde ich, das dein Vater dir gegenüber sein Spiel gesteht. Also die Einsicht ein wirkliches Problem zu haben, durchaus erkannt ist. Was fehlt ist indess sein Handeln. Übrigens sehe ich es als wichtigen Schritt zur Ehrlichkeit, sein Gestehen, der bei einen spielkranken Menschen häufig fehlt.

Meine Partnerin - uns verbindet eine tiefe Liebe - hat es seinerzeit auf sich genommen und mich in einer Spielerselbsthilfegruppe, in der auch Mitbetroffenen willkommen sind, begleitet.

Vielleicht könntest du deinen Vater durch solch eine Begleitung die Schwellenangst nehmen?

Die erfahrenen Menschen in der SHG werden deinen Vater mit Sicherheit stärken können - und mit den richtigen Argumenten bestimmt bewegen mehr für sich zu tun.

Es ist nach meinen dafürhalten auch nicht immer zwingend erforderlich gleich eine Therapie zu machen. Ich bin ohne Therapie abstinent vom Glücksspiel geworden - denn die Spielerspezifizierten Therapien gibt es noch gar nicht so lange.

Ich weiß auch nicht, ob es mir heute mit Therapie besser gehen würde - glaube ich nicht - denn es geht uns recht gut - und unsere Beziehung ist durch das gemeinsame Erleben eher stärker geworden.

Vielleicht wäre es für Euch machbar einmal pro Woche eine Spielerselbsthilfegruppe zu besuchen. Nur erwartet von 1 oder 2 Besuchen keine Wunder - es brauch etwas mehr Zeit - auch um Vertrauen gegenüber den Menschen in der SHG zu fassen - und nur mit diesen Vertrauen ist wohl wirklich was errreichbar.

Wenn du einige Male mitgegangen bist, wird dein Vater die Schwellenangst los sein - und ich denke er wird auch allein - und innerer Freude die Gruppenstunden dann weiter besuchen.

Denk also mal drüber nach, ob das ein machbarer Weg für Euch wäre - und um sich selbst eine Chance zu geben, solltest du auch bei deinen Vater den anfänglichen Druck nicht scheuen.
Bevor wir Spieler was für uns tun, muß schon eine Drucksituation da sein .
Die finanzielle Ausweglosigkeit - das erkennen der immer stärker verworrenen Lebensumstände - das Bewußtsein, meine Familie - mein Partner verlässt mich.
Ohne irgendeinen Druck wird wohl niemand eine Therapie oder SHG besuchen.
Also vollkommen legal wenn du mit Ellenbogen - und den besagten tritt im Po
dafür sorgst, das er ins Laufen kommt.

Eines vorweg - wenn du Ultimaten stellst, dann so, das du diese auch einhalten kannst - sonst bringt es nämlich überhaupt nichts.

Das meine persönliche Einstellung dazu - andere mögen anderes sagen und denken - für mich war es anfänglich sehr wichtig den Druck meiner Partnerin zu spüren.

Lieben Gruss
Gerri

susanne
11.09.2006, 15:45
Lieber Gerri,

ich danke dir sehr für deine Antwort!!

Tja, was die Spielerselbsthilfegruppe angeht, mein Vater besucht seit einigen Wochen wieder eine und ich habe ihm auch schon gefragt ob ich ihn einmal begleiten kann, um mir ein noch genaueres Bild zumachen!

Genau das ist es aber was mich verwirrt- nämlich dass er wieder eine Spielerselbsthilfegruppe besucht, es ist auch nicht das erste Mal, mein Vater hat in den letzten 15 Jahren öfter eine besucht, und ich das Gefühl habe seitdem spielt er umso mehr und intensiver!

Ich glaube die Spielsucht bei meinem Vater hat auch sehr viel mit Selbstzerstörung zu tun, denn sei es dadurch das er durch das Spielen kein Geld mehr zum Leben hat oder aber auch dass er seine jetztige neue Beziehung, die er sich so gewünscht hat und die auch gut läuft, dadurch wieder gefährdet!

Die Offenheit meines Vaters gegenüber dem Spielen finde ich gut, allerdings halt auch belastend. Sicher, auch das ist wichtig- das sich eingestehen dass man spielsüchtig ist. ... nur leider bringt es irgendwie nichts...

Ich finde es allerdings sehr schön zu hören, dass du es mit deiner Partnerin auf deine Art gelöst hast abstinent zu werden!!!

Leider befürchte ich, dass es bei meinem Vater zu spät dafür ist! Zu spät es ohne eine Therapie hin zu bekommen!

Tja, um auf das Druckmittel zurück zu kommen... genau das ist ja mein Problem! Ich habe Angst das es auch nach Hinten los gehen könnte... ob er spielt oder nicht kann ich nicht kontrollieren, mein Druckmittel könnte also nur sein, dass ich ihm sage, dass ich erst wieder mit ihm telefonieren möchte wenn er mir den nächsten Termin für seine Therapie nennt...

Meinem Vater liegt sehr viel an mir, ich habe Angst dass so ein Druckmittel ihn vielleicht nur noch mehr nach unten zieht!

Tja, alles leider nicht sehr einfach- ich bin aber sehr froh auf dieses Forum gestoßen zu sein, es hilft mir nämlich wirklich sehr!

Liebe Grüße
Susanne

Gerri
11.09.2006, 18:44
Hallo Susanne,
es ist natürlich keine beneidenswerte Situation in der du bist.
Ich persönlich würde die Kontaktschiene über Telefon nicht abbrechen.
Die Frage was würde ich tun, habe ich mir somit schwer gemacht zu beantworten. Vor allen Dingen weil es für mich neu ist, das dein Vater trotz Besuch einer SHG nach deinen Gefühl stärker spielt als vorher.
Also besteht nach meiner Ansicht hier nur der Weg zur Wahrheit.
Das heißt ihm klarmachen, das du über deine Sorgen und Ängste um Ihn mit den Gruppenverantwortlichen sprechen wirst.
Man weiß ja nicht, wie er sich in der Gruppe verhält, ob er da so ehrlich ist wie bei dir. Könnte schon sein, das er da noch die Maske aufhat.
Das was in der Familie und in der Gruppe erklärt wird ,sind des öfteren ganz unterschiedliche Darstellungen - leider. Auch aus diesem Grund halte ich eine SHG wo auch der Mitbetroffene Zugang hat, für sehr erstrebenswert.
Es kommt auch nicht rüber inwieweit seinen neue Lebenspartnerin involviert ist. Vermutlich liegt auch da einiges im argen - und ein Dreiergespräch - dein Vater - seine Partnerin und Du - wäre wohl angebracht - und auch fair seiner Partnerin gegenüber.
Dann müßte geklärt werden inwieweit eine finanzielle Kontrolle bei deinen Vater möglich ist. Geht natürlich nur, wenn er damit einverstanden ist.
Ich hatte seinerzeit meine finanziellen Dinge abgegeben - einer freiwillligen Kontrolle unterlegt, die auch den Umgang mit den Taschengeld erfasste.
Das war eigentlich für mich ein unglaublicher Knackpunkt, zu den ich mich sehr durchringen mußte. Denn ich hatte mir nicht dem (anfänglichen) Gefühl erwehren können, entmündigt zu sein.
Aber ein Schritt, der mir den Umgang mit Geld neu erfassen lies - und daher sehr wichtig für mich war.
Es hat sich wohl in meinen letzten Eintrag angehört, als wäre ich gegen eine Therapie. Das bin ich nicht - habe nur klarmachen wollen, das es auch ohne Therapie mitunter gehen kann.
Es liegt an deinen Vater, ob er Bereitschaft zur Arbeit an sich signalisiert - und vielleicht ist das Bewußtsein, das seine Partnerin rückhaltslos die Wahrheit erfährt Anlass genug zum Handeln.
Ich denke, dir ist klar, das seine Partnerin da nicht angelogen werden darf - denn die Spielsucht deines Vaters ist auch für sie existenziell bedrohend.
Wenn ich ein wenig rechne, kann es schon sein, das dein Vater ungefähr mein Alter hat - kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen ich habe gelebt - kann noch einiges schönes auch in unseren Alter kommen.
Möglich das dein Vater sein Leben als gelebt betrachtet - hier erscheint mir schon ein Fachtherapeut wichtig, der ihm evtl. eine positive Grundeinstellung vermitteln kann. Vielleicht ist das auch der Knackpunkt bei ihn.
Nun, - es sind alles nur Gedanken und Erfahrungen, die ich dir erzähle. Vielleicht sieht doch der eine oder andere Leser mehr Möglichkeiten als ich - oder auch andere - und teilt diese mit.
Auch ich würde mich darüber freuen.
Nun will ich aber nochmal zu dem kommen, was Skarabäus schrieb.
Verwerfe es nicht - sei dir bewußt, das du vor allen für dein Leben verantwortlich bist. Bei aller Liebe zu deinen Vater - es darf nicht sein, das seine Spielsucht bestimmend in dein Leben eingreift.
Hoffe du kannst damit was anfangen.

Lieben Gruß
Gerri

susanne
12.09.2006, 12:03
Lieber Gerri,

um mich zu wiederholen- ich danke dir wirklich sehr für deine bisherigen Antworten, sie helfen mir wirklich sehr!!!!

Um die Sache aber noch etwas komplizierter zu machen- auch die Lebensgefährtin meines Vaters ist bereits insolviert! Mein Vater hat ihr von seiner Spielsucht erzählt, was soweit ich weiß im moment ihre anfänglich sehr glückliche Beziehung sehr belastet.

Er hat mir gesagt, dass er sie in alles eingeweiht hat, durch einen Anruf meiner Oma, die sich permanet Sorgen um meinen Vater macht, müsste sie jetzt aber auch wirklich die ganze Wahrheit wissen! Laut meiner Oma ist seine Lebensgefährtin sehr traurig über die ganze Situation, sie liebt meinen Vater und möchte ihm auch gerne helfen etwas gegen seine Spielsucht zu unternehmen!

Meine Oma ist allerdings auch noch ein Problem bei der ganzen Sache, da sie meinen Vater im letzten Moment immer noch finaziell unterstützt... was leider auch so aussehen kann dass sie im in der Not Miete, Strom oder Telefon bezahlt... ich sage ihr immer, dass genau das das Problem meines Vaters noch unterstützt, so kann er immer wieder alles verspielen und letztendlich muss er keine Konsequenzen daraus ziehen- meine Oma regelt das ja dann...

Ich danke dir aber für den Tipp mich an den Leiter der Spielgruppe zu wenden- es könnte sehr gut sein, dass mein Vater in der Gruppe nicht ganz ehrlich ist, ist leider auch schon vorgekommen!!! Aber kann ich mich einfach so an den Gruppenleiter wenden??? Oder muss ich meinen vater davon erzählen??

Was mich sehr interessiert ist, wer damals für dich die finanzielle Kontrolle übernommen hat, gibt es da öffentliche Stellen- wo kann ich mich da hinwenden um mich für meinen Vater zu informieren bzw. wo kann ich meinen Vater hinschicken diesbezüglich!??
Ich denke ein "Taschengeld" für meinen Vater wäre sehr angebracht, denn leider war es die letzte Zeit so, dass sobald mein Vater sein neues Geld in den Händen hatte, alles komplett verspielt hat!!

Vielleicht kannst du mir hier ja nochmal weiterhelfen??!!!

Ich danke dir auf jeden Fall nochmal!!

Lieber Gruß

Susanne

Gerri
12.09.2006, 19:06
Hallo Susanne,
ich meine schon, das du dich auch alleine an den Gruppenleiter wenden kannst.
Erwarte jedoch nicht, das der Gruppenleiter über das Verhalten deines Vaters in der Gruppe spricht - das obliegt natürlich dem Gruppengeheimnis.
Was du mit diesen Menschen besprechen kannst, sind deine Ängste - und vielleicht findet er einen Ansatz dadurch deinen Vater positiv zu beeinflussen.

Natürlich ist das, was deine Oma macht total verkehrt - aber das werden wir nicht ändern können - sie meint das Beste für ihn zu tun.
Auch das seine Partnerin es praktisch hinnimmt das er spielt , macht es nicht einfacher.
Warum so muß ich fragen, soll er denn aufhören? Er hat doch keinerlei Sorgen mit seiner Zockerei - und wenn es brennt, steht die Feuerwehr parat. Nein - so wird es wohl nichts zur Zeit mit den aufhören.
Als Möglichkeit für dich sehe ich jedoch den Versuch Aufklärung zu betreiben. Bei deiner Oma - seiner Partnerin - Unterlagen über die Spielsucht plazieren - vielleicht auch ein paar Ausdrucke aus diesem Forum.
Vielleicht hilft es, das beide Frauen ihre Fehler sehen - und vielleicht ihr Verhalten gegenüber deinen Vater verändern, indem sie fordernd werden.

Das mit dem Geldverwalten ist eine heikle Sache.
Der Spieler muß damit einverstanden sein - sonst geht es nicht - sich also freiwillig der Kontrolle unterwerfen.
Ich habe das Glück gehabt, meiner Partnerin die finanziellen Dinge überlassen zu können - und die Kontrolle. Das hat uns beide nicht gefallen - aber wir mußten da durch. Wäre natürlich gut, wenn das auch jemand aus Eurer Familie - du zum Beispiel - übernehmen könnte. Aber auch für dich wäre das sehr schwer. Der Kontrollierte wird dir zeitweise das Leben nicht gerade leicht machen - auch wenn er einverstanden ist. Es gibt immer Situation wo er diesen Pakt gerne wieder auflöst - insbesondere, wenn der Spieldruck kommt.
Da bedarf es also schon gewisser Härte und Durchsetzungsvermögen.

Einen aussenstehenden Betreuer - oder Verwalter besser gesagt, gibt es natürlich auch. Hier würde ich mich vertrauensvoll an die Caritas wenden.

Susanne - du kannst dich drehen und wenden wie du willst - wenn er nicht aufhören will, ist alles für die Katz. Er muß wollen, nur dann kannnst du wirklich helfen.So läuft es leider nicht.

Druck kann ein Auslöser sein - zur Verbesserung - aber auch ins Gegensätzliche. Nämlich das der Suchtkranke sagt, ihr könnt mich alle - ich mache das, was ich will - und meint damit Zocken gehen.
Es wäre nicht das erste Mal, das ein suchtkranker Mensch sich auf Grund dessen von der gesamten Familie trennt.

Deswegen - konzentriere dich vor allen Dingen auf dein Leben - sei da, wenn er wirklich von seiner Spielsucht weg will. Denn nur dann sind deine Anstrengungen mehr als verlorene und vergeudete Kraft.

Ich will dir hier ehrlich sagen - ich habe mich selbst hinterfragt als Druck aufkam - Beziehung oder Spiel - die Antwort die ich für mich gab, war die richtige - aber sie hätte trotz aller Liebe auch anders herum ausgehen können.
So stark ist Sucht.

Das Gespräch mit den Gruppenleiter - das platzieren von Informationsmaterial - lasse es im Moment als letzten Versuch für dich - sonst reibst du dich auf.
Auch dein Leben kann in Situationen geraten, wo du all deine Lebenskraft brauchst. Vergiß das nicht.

Lieben Gruss
Gerri

PS: Fahre jetzt einige Wochen in eine Reha, werde mich also in der nächsten Zeit vermutlich nicht melden können. Alles Gute !

Skarabäus
14.09.2006, 08:37
Hallo Susanne,

jeder hat das Recht seine Neurosen auszuleben. Auch dein Vater!

Hilfe immer nur dort, wo sie angebracht ist bzw. erwünscht ist. Ansonsten gilt das Zauberwort der modernen Psychologie: Loslassen!

Herzliche Grüße
Skarabäus